Erbe, Schenkung oder Vermächtnis – Testament eindeutig formulieren

Erbe, Schenkung oder Vermächtnis – Testament eindeutig formulieren

Ein Testament sollte immer klar und eindeutig formuliert sein, damit die letztwilligen Verfügungen im Sinne des Erblassers ausgeführt werden können und es keinen Spielraum für Interpretationen gibt. Für den Laien ist es jedoch oft nicht so einfach juristisch eindeutig zu formulieren und zwischen Vererben, Vermachen oder Verschenken zu unterscheiden. Gibt es Zweifel, muss das Gericht im Wege der Auslegung entscheiden. So auch in einem Fall vor dem OLG Brandenburg. Hier stellte das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 22.02.2023 fest, dass es sich bei einer vermeintlichen Schenkung doch um ein Testament handelte, obwohl Formulierungen wie „vererben“, „letzter Wille“ oder „Testament“ in dem Dokument nicht auftauchten (Az.: 3 W 31/22).

Angebliche Schenkung doch ein Testament

In dem vorliegenden Fall hatte der geschiedene Erblasser zusammen mit einem Freund eine Immobilie erworben und diese bewohnt. Im Grundbuch war der Erblasser mit einem Anteil von rund 64 Prozent als Eigentümer eingetragen. Nach seinem Tod sollte sein Miteigentumsanteil an seinen Freund gehen, dem die restlichen knapp 36 Prozent gehören. Wörtlich legte der Erblasser in einem ziemlich unscheinbaren Schriftstück folgendes fest:

Für den Fall meines plötzlichen Ablebens, verschenke ich meinen Hausanteil an den Mitbesitzer des Hauses, Herrn S.W..“

Durch diese Formulierung wird die Nachlassregelung aber nicht automatisch zu einer Schenkung. Das Gericht stellte fest, dass entsprechende Formvorschriften für eine Schenkung fehlen und die Nachlassregelung eindeutig ein Testament darstellt.

Deutliche Kennzeichnung als Testament darf nicht fehlen

Das Schriftstück hatte der Erblasser zwar handschriftlich verfasst, unterschrieben und datiert, eine klare Formulierung, dass es sich um sein Testament handelt oder ein Erbe eingesetzt wurde, fehlte allerdings.

Als der Mitbesitzer des Hauses einen Erbschein, der ihn als Alleinerben ausweist, beantragte, kam es zum Rechtsstreit. Denn der Erblasser hatte einen Sohn, zu dem er allerdings kaum noch Kontakt hatte. Der Sohn führte an, dass das vermeintliche Testament formunwirksam sei und er aufgrund der gesetzlichen Erbfolge zum Alleinerben geworden sei.

>Mit dieser Argumentation drang der Sohn am OLG Brandenburg aber nicht durch. Der Mitbesitzer sei wirksam als Alleinerbe eingesetzt worden, entschied das Gericht. Die Verfügung des Erblassers sei auszulegen. Dabei gelte es seinen wirklichen Willen zu erforschen und nicht buchstäblich an den Formulierungen zu kleben. Ausgangspunkt der Auslegung sei zwar der Wortlaut der Verfügung, Vorrang habe aber stets der wirklich erklärte Wille des Erblassers, der sich aus dem Zusammenhang mit anderen Teilen des Testaments und der Gesamtheit der berücksichtigten Umstände ergebe, so das OLG. So hätten Rechtsbegriffe in der juristischen Fachsprache einen ganz bestimmten Sinn, könnten vom Erblasser aber anders verstanden und verwendet werden, machte das Gericht deutlich.

;Das sei hier der Fall. Die Auslegung ergebe, dass der Erblasser seinen Freund als Alleinerben einsetzen wollte. Dafür sprächen auch die Umstände. Denn während es sich bei dem Mitbesitzer des Hauses um einen engen Freund aus Schulzeiten handele, habe der Erblasser zu seinem Sohn kaum noch Kontakt gehabt, führte das OLG Brandenburg aus.

Der Erblasser habe seinen Freund auch als Alleinerben einsetzen und ihn nicht nur den Hausanteil vermachen wollen, so das Gericht. Davon sei auszugehen, da der Erblasser ansonsten kein wesentliches Vermögen hatte. Hätte es sich um ein Vermächtnis gehandelt, hätte der Sohn geerbt und der Freund des Erblassers hätte die Übereignung des Hausanteils von ihm einfordern müssen. Nach dieser Entscheidung des OLG Brandenburg bleibt dem Sohn nur der Pflichtteil.

„Das zeigt, dass kleine Unterschiede im Erbrecht eine große Wirkung haben können. Mit genauen Formulierungen im Testament können solche Unsicherheiten und Erbstreitigkeiten vermieden werden“, sagt Rechtsanwältin Chaima Louati.

Bei der Erstellung eines Testaments gibt es zwar viele Freiheiten, dennoch sollten einige Formalien beachtet werden. So sollte ein Testament bspw. immer eine eindeutige Überschrift wie „Mein letzter Wille“ oder „Mein Testament“ tragen. Unterschrift und Datum sollten auch keinesfalls fehlen.

 

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